Vegan werden – warum es nicht klappt
Vielleicht kommt es mir nur so vor, aber ich habe ganz stark das Gefühl, dass immer mehr Menschen sich für die vegane Ernährung, also den Verzicht auf alle tierischen Produkte, interessieren – vor allem an der Auswahl an veganen Produkten in den Supermärkten wird das gut deutlich. Ich freue mich sehr darüber, dass unser Bewusstsein sich an diesem Punkt aktuell so stark verändert und immer mehr Menschen vegan werden möchten; aus eigener Erfahrung kann ich jedoch sagen, dass auf dem Weg zur veganen Ernährung einige Stolpersteine lauern. Unabhängig davon, wie fest entschlossen man ist, sich rein pflanzlich zu ernähren, fällt der Umstieg meist nicht leicht. In meinem Fall brauchte es mehrere Anläufe, bis ich meine Ernährung vollständig umkrempeln und konsequent beibehalten konnte. Aber von vorn…
Inhalt
Warum vegan werden?
Vielleicht seid ihr begeisterte Fleischesser, vielleicht überzeugte Vegetarier, vielleicht wollt ihr aber auch schon länger vegan werden – meist ist das ein schrittweiser Prozess und nur ganz wenige Menschen schaffen es, von einem Tag auf den anderen alle Produkte tierischen Ursprungs zu streichen. Ich habe vor 5 Jahren meine Ernährung von omnivor auf vegetarisch umgestellt; vor ca. 2 Jahren verspürte ich dann zum ersten Mal den Wunsch, die vegane Ernährung auszuprobieren und im letzten Jahr wurde dieser Wunsch zunehmend „lauter“. Ich bringe diesen Wandel mit vielen Veränderungen in Zusammenhang, die sich in meinem Inneren vollzogen haben. Die spirituelle Arbeit inklusive Yoga und Meditation hat sicherlich ihr übriges getan. Wenn man sich so viel stärker verbunden fühlt mit allem, was einen umgibt, wird auch der Wunsch nach Frieden und Harmonie auf diesem Planeten automatisch noch größer. Ich beschloss also, es zu versuchen, und wurde dabei vor allem von ethischen Beweggründen angetrieben: Den Anteil an Macht, den ich als Verbraucher auf die Industrie ausüben kann, wollte ich nutzen, um dazu beizutragen, das Sterben der Tiere und die Qualen, die sie vor ihrem Tod erleiden müssen, zu beenden.
Auf meinem Weg hin zu einer veganen Ernährungsweise waren es immer die üblichen Verdächtigen, die mich davon abgebracht haben, mein Vorhaben durchzuziehen. Diese und ein paar weitere Faktoren, die den Umstieg auf eine rein pflanzliche Ernährung erschweren können, teile ich in diesem Beitrag mit euch.
Zu viel auf einmal wollen
Wenn man vegan werden möchte, lautet die wohl wichtigste Devise: setzt euch nicht unter Druck und erteilt euch selbst keine allzu strengen Auflagen. Mein Gedanke war häufig „wenn, dann richtig“ – ich ernährte mich dann nicht nur strikt vegan, sondern wollte gleichzeitig meine Ernährung auch noch gluten- und zuckerfrei gestalten. Dass dann (scheinbar) nicht allzu viel übrig bleibt, kann einen schon verzweifeln lassen. Schnell stellt sich der Gedanke ein, dass die vegane Ernährung mit zu viel Verzicht verbunden und daher ungeeignet ist. Versucht also, euch diesem Thema entspannt und ganz ohne Druck zu nähern. Betrachtet den Weg zur veganen Ernährungsweise als eine Reise – vielleicht steckt ihr mal in einer Sackgasse fest, vielleicht müsst ihr Umwege machen, aber das macht nichts, so lange ihr euer übergeordnetes Ziel nicht aus den Augen verliert.
Zu wenig Fett essen
Wer sich mit der veganen Ernährung auseinandersetzt, wird an Konzepten wie Raw till 4 bzw. 80/10/10 und „High Carb Low Fat“ kaum vorbeikommen. Auch ich besitze ein Buch von Dr. McDougall und finde seinen Ansatz, dass die Ernährung größtenteils aus vollwertigen (!) Kohlenhydraten bestehen sollte, in Ordnung. Problematisch wird es, wenn fetthaltige Nahrungsmittel verteufelt werden. Fett ist enorm wichtig für unseren Körper, auch und ganz besonders für unseren Hormonhaushalt! Zusätzlich fördern Fette unser Sättigungsgefühl und unsere Zufriedenheit – andersherum kann eine stark fettreduzierte Ernährung die gefürchteten Fressattacken begünstigen. Achtet daher darauf, eurem Körper genügend gute Fette zuzuführen – Avocados, Nüsse & Nussmus, Kerne, Samen, Leinöl, Hanföl und Kokosöl sind empfehlenswert und sollten regelmäßig auf den Tisch kommen oder beim Zubereiten der Speisen eingesetzt werden.
Pommesveganer sein
Wer kennt sie nicht, die Puddingvegetarier? Der Pommesveganer ist sozusagen das Äquivalent dazu. Spricht man vom Pommesveganer, meint man den Veganer, der sich hauptsächlich von ungesunden und industriell verarbeiteten Produkten ernährt, was ihm natürlich mehr Schaden als Nutzen bringt. Interessiert man sich für die vegane Ernährung, ist es notwendig, dass man sich gründlich darüber informiert, wie diese Form der Ernährung vollwertig und gesund gestaltet werden kann. Auch Mehl und Zucker sind schließlich vegan – die Ernährung aber darauf aufzubauen, ist für unsere Gesundheit natürlich nicht empfehlenswert. Fleischersatz wie Tofu, Tempeh und Seitan erleichtert die Umstellung der Ernährung, sollte jedoch in Maßen konsumiert werden, da es sich auch hierbei um industriell verarbeitete Produkte handelt. Achtet darauf, dass ihr natürliche, frische Lebensmittel zu euch nehmt, die aus möglichst wenigen Zutaten bestehen.
Sich ins Gewissen reden lassen
Zu Hause klappt es super, auf Omas Geburtstag werdet ihr aber schief angeschaut, weil ihr die Sahnetorte verweigert? Auch solche Situationen können dazu verleiten, schwach zu werden – schließlich möchte man Familie und Freunde nicht enttäuschen, wenn diese ein nicht-veganes Festmahl kredenzen. In dieser Situation plagt entweder das schlechte Gewissen oder man muss sich gar rechtfertigen – beides kann dazu beitragen, dass das neue Ernährungskonzept wieder fallen gelassen wird. Manchmal geht es nicht anders, als auf die Leckereien zu verzichten und die Missbilligungen zu überhören. Eine Alternative wäre, einfach Selbstgemachtes mitzubringen oder klar und deutlich zu sagen, dass man gerne die Beilagen wie Salat, Gemüse, Kartoffeln etc. genießt – so müssen Familie und Freunde sich nicht verbiegen und ihr werdet trotzdem satt 😉
Angst vor Nährstoffmangel haben
Woher bekommen Veganer ihr Protein und wie können sie ihren Eisenbedarf decken? Eisen sollte (zusammen mit Vitamin B12 und Vitamin D!) tatsächlich substituiert werden, sofern man ohnehin zum Eisenmangel tendiert. Pflanzliche Lebensmittel enthalten zwar oft größere Mengen an Eisen, dieses kann jedoch vom Körper nicht so gut verwertet werden wie das Eisen aus tierischen Produkten. Wer Bedenken hat, seinem Körper nicht ausreichend Nährstoffe oder Spurenelemente zuzuführen, kann eine vegane Ernährungsberatung in Anspruch nehmen – zusammen mit regelmäßigen Untersuchungen der Nährstoffversorgung kann dann kann nichts mehr schief gehen 🙂
Um genügend Eiweiß zu mir zu nehmen, habe ich früher reichlich Hüttenkäse, Magerquark, Eier und Fisch gegessen. Inzwischen ist bewiesen, dass pflanzliche Lebensmittel unseren Bedarf an Protein wunderbar decken können und es unnötig ist, dem Körper tierisches Protein zuzuführen. (Grünes) Gemüse, Algen, Sojaprodukte, Nüsse, Kerne & Samen, Hülsenfrüchte und (Pseudo-) Getreide liefern reichlich Eiweiß:
Lebensmittel | Proteingehalt (g/100g) |
Spirulina | 59 |
Chlorella | 58 |
Soja“fleisch“ | 49 |
Seitan | 28 |
Leinsamen | 24 |
Erdnüsse | 24 |
Kürbiskerne | 24 |
Hanfsamen | 21 |
Cashewkerne | 20 |
Pistazien | 20 |
Chia-Samen | 17 |
Amaranth | 14 |
Quinoa | 14 |
Erbsen | 11 |
Dinkel | 11 |
Hafer | 10 |
Linsen | 8 |
Einfaches verkomplizieren
Das am häufigsten angeführte Argument neben „Vegan bedeutet zu viel Verzicht“ ist wohl „Vegan ist zu kompliziert.“ Das stimmt auch, wenn man sich auf schwierige Gerichte mit exotischen Zutaten versteift oder z.B. einen Kuchen backen will, der laut Originalrezept Sahne, Butter, Eier und Milch enthält. Dann erfordert es etwas Ausdauer, um herauszufinden, wie man die einzelnen Zutaten ersetzen kann, damit das Endprodukt trotzdem so schmeckt wie das nicht-vegane Original. So etwas kann selbstverständlich einen abschreckenden Effekt haben. Daher: Keep it simple! Haltet eure Mahlzeiten so einfach wie möglich und achtet darauf, dass diese ganz natürlich nur auf pflanzlichen Zutaten basieren bzw. dass die nicht-pflanzlichen Bestandteile sich unkompliziert ersetzen lassen. Ansonsten müsst ihr eigentlich kaum etwas ändern, außer der Tatsache, dass ihr keine tierischen Produkte mehr kauft. Die Auswahl an Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten, Nüssen und Getreideprodukten ist und bleibt riesig! Aus diesen Zutaten lassen sich ganz einfache und leckere Gerichte zubereiten 🙂
Missionieren wollen
Wer Liebhaber von Fleisch- und Milchprodukten von einer strikt veganen Ernährung überzeugen will, hat eigentlich schon verloren. Durch den Druck, den man damit auf andere ausübt, setzt man auch sich selbst noch stärker unter Zwang, alles richtig machen zu müssen und niemals schwach zu werden. So wird es unmöglich, entspannt mit dem Thema umzugehen. Statt also Familie und Freunde mit Vorträgen zu langweilen, ist es meiner Meinung nach ratsamer, den gesunden, veganen Lebensstil einfach vorzuleben und dadurch das Umfeld zu inspirieren. Das bedeutet: ernährt euch ausgewogen vegan, treibt Sport, trinkt viel gutes Wasser und Tee, übt Yoga und meditiert. Wer fit und frisch wirkt und dann nebenbei erwähnt, dass er sich vegan ernährt, hinterlässt viel mehr Eindruck, als jemand, der zu jeder Gelegenheit den Zeigefinger erhebt. Lasst die Ergebnisse der gesunden, veganen Ernährung einfach für sich sprechen! Das ist deutlich angenehmer für die Menschen in eurem Umfeld und es macht es gleichzeitig einfacher für euch, diese neue Form der Ernährung selbst „durchzuhalten.“
Jona
8. März 2018 um 6:44Danke Diana! Danke Astrid!
Diana
8. März 2018 um 10:53Danke für deinen Kommentar und gern geschehen! …und auch von unserer Seite Danke an Astrid, die uns zwar unbekannt ist, aber Dank schadet nie 🙂