Einfach essen?
Wann ist es eigentlich so schwierig geworden, „einfach“ zu essen? Wer sich viel mit seiner Ernährung beschäftigt, kommt vielleicht irgendwann auf die Idee, dass es doch eine Ernährungsform geben muss, die am allerbesten funktioniert. Eine Ernährung, die exakt auf die Bedürfnisse unseres Körpers zugeschnitten ist und ihn optimal funktionieren lässt. Wer sich aber auf die Suche nach dieser vollkommenen Ernährungsform begibt, der dürfte aufgrund der Vielfalt an möglichen Ernährungskonzepten schnell an seine Grenzen stoßen. Die unzähligen Ratgeber mit (natürlich wissenschaftlich fundierten!) Empfehlungen selbsternannter Gurus, die die Regale in den Buchhandlungen reihenweise füllen, sowie diverse Fitness-Magazine, in denen bestimmte Ernährungsweisen angepriesen, andere hingegen verteufelt werden, tun ihr Übriges. Am Ende der Suche ist man unwesentlich schlauer, dafür aber umso stärker verunsichert.
Gibt es überhaupt die „perfekte“ Ernährung?
Um hier nur einige der aktuell gängigen Ernährungsweisen zu nennen, haben wir beispielsweise die Wahl zwischen:
- high carb / low fat
- low carb / high fat
- vegan
- paleo
- einer rohköstlichen Ernährung
- und einer ketogenen Ernährung
Glaubt man den zahlreichen Schriften, von denen es Dutzende zu jedem dieser Konzepte gibt, stellt jede dieser Ernährungsformen gleichzeitig die Gesündeste und auch die Ungesündeste für die Allgemeinheit dar. Für jedes dieser Konzepte könnte ich mindestens 5 Pro- und Kontra-Argumente anführen. Dies macht es natürlich nicht einfacher, herauszufinden, welche Ernährungsform für mich denn nun die Richtige ist.
Hinzu kommt, dass diese Ernährungsweisen teilweise mit starken Dogmen behaftet sind und mit großen Einschränkungen in Bezug auf die erlaubten Lebensmittel oder deren Zubereitung einhergehen. Abgesehen davon, dass der Körper auf diese Weise nicht alle Nährstoffe bekommt, die er eigentlich benötigt, ist das Verfolgen einer solchen stark eingeschränkten Ernährungsstrategie eine Qual für die Psyche. Wir müssen uns Lebensmittel verbieten, die wir vielleicht eigentlich sehr gern mögen. So entstehen starke Spannungen zwischen unserer Überzeugung und dem Willen, das richtige Ernährungskonzept zu verfolgen, und unseren Gelüsten auf bestimmte Nahrungsmittel, die dieses Konzept uns aber strikt verbietet.
Dazu kommt, dass die Wahl der richtigen Nahrungsmittel zu einem großen Teil von unserer individuellen Konstitution abhängt. Während Körper 1 gut auf eine kohlenhydratbetonte Ernährung anspricht, bekommt Körper 2 eine Ernährung, die mehr Fette enthält, vielleicht viel besser.
Auch die Lehren des Ayurveda können bei der Suche nach der individuell passenden Ernährung hilfreich sein. Manche von uns haben beispielswiese ein sehr starkes Verdauungsfeuer („Agni“) und viel Hitze. Solche Menschen vertragen eine Ernährung, die den häufigen Verzehr von Rohkost einschließt, eher gut. Andere Konstitutionen, deren Verdauungsfeuer schwach ist und die vielleicht auch viel Kälte haben, kühlen durch den Verzehr von Rohkost stark aus und schwächen ihre Verdauung, was sich negativ auf den gesamten Organismus auswirkt.
„Richtig essen“ heißt, intuitiv zu essen
Berücksichtigt man die oben genannten Faktoren, so wird eines ganz schnell deutlich: Es kann keine Ernährung geben, die für uns alle gleichermaßen funktioniert. Die einzige Empfehlung, die guten Gewissens ausgesprochen werden kann, ist: Unsere Ernährung sollte frisch, naturbelassen, möglichst biologisch und zuckerarm sein.
Ansonsten gilt: Anstatt sich strikten Vorgaben zu unterwerfen und deshalb bestimmte Lebensmittel oder Zubereitungsarten auszuschließen, sollten wir einfach öfter auf unsere Intuition vertrauen. Unser Körper sagt uns ganz genau, was er benötigt und wie es zubereitet sein sollte, damit er es bestmöglich verwerten kann – wir müssen nur zuhören.
Anstatt also aufgrund eines bestimmten Konzeptes, das wir in Bezug auf unsere Ernährung verfolgen, auf die immer gleiche Auswahl an Lebensmitteln zurückgreifen, sollten wir mehr experimentieren. Vor den Mahlzeiten einmal ganz tief in uns hinein spüren und uns fragen: Was braucht der Körper gerade, wonach verlangt er? Nach dem Essen ist es dann wichtig, darauf zu achten, wie unser Körper auf eine Mahlzeit oder ein bestimmes Lebensmittel reagiert. Was uns Wohlbefinden und eine gute Verdauung bereitet, essen wir öfter – was Unwohlsein wie Blähungen oder Sodbrennen auslöst, das lassen wir weg. Diese Erkenntnisse gilt es dann, in unsere alltägliche Ernährung zu übertragen – mit dem Ziel, intuitiv das zu essen, was unserem Körper gut tut: Einfach essen, ohne uns an vermeintlich richtige Vorgaben zu klammern. Eigentlich gar nicht so schwer, oder?